Jelena Gnessina
Eine musikalische Pionierin im Russland des 20. Jahrhunderts

HomeBlogJelena Gnessina: Eine musikalische Pionierin im Russland des 20. Jahrhunderts
Saskia Krumbholz  | 15. August 2024

Wenn wir an bedeutende Komponisten und Musikpädagogen des 20. Jahrhunderts denken, fallen uns oft zuerst männliche Namen ein. Doch es gab auch bemerkenswerte Frauen, die die Musikwelt nachhaltig prägten. Eine solche Persönlichkeit war Jelena Fabianowna Gnessina, eine russische Pianistin, Komponistin und Musikpädagogin, deren Lebenswerk bis heute nachwirkt.

Kennengelernt habe ich Jelena Gnessina über ihre Etüden, die ich in der Russischen Klavierschule Band 1  mit meinen Klavierschülern erarbeite. An der Kompositionsweise der Moskauer Musikpädagogin gefällt mir besonders, dass diese Etüden schön und ansprechend klingen und die Klavierschüler*innen trotzdem pianistisch herausfordert. Ich möchte euch Jelena Gnessina nun ein bisschen näher vorstellen.

Von Rostow nach Moskau: Jelena Gnessinas musikalischer Werdegang

Geboren am 30. Mai 1874 in Rostow am Don, wuchs Jelena in einer musikalischen Familie auf. Ihre Mutter, eine Sängerin und Pianistin, legte den Grundstein für Jelenas musikalische Ausbildung. Am renommierten Moskauer Konservatorium studierte sie Klavier bei Wassili Safonow und schloss ihr Studium 1893 ab. Zusätzlich nahm sie Unterricht bei bekannten Musikern wie Ferruccio Busoni und Sergei Tanejew, was ihre musikalische Vielseitigkeit förderte.

Die Gründung einer Institution: Das Gnessin-Musikkolleg

Gnessinas größter Beitrag zur Musikwelt war jedoch nicht ihre Karriere als Pianistin, sondern ihre Rolle als Pädagogin und Gründerin einer der bedeutendsten Musikschulen Russlands. Im Februar 1895 gründete sie gemeinsam mit ihren Schwestern Jewgenia und Maria eine private Musikschule in Moskau. Diese Schule entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer der wichtigsten Musikinstitutionen des Landes - dem heutigen Gnessin-Musikkolleg.

Unter Gnessinas Leitung wurde die Schule zu einem Zentrum musikalischer Exzellenz. Zu ihren Schülern gehörten bedeutende Musiker wie der Pianist Lew Oborin und der Komponist Aram Chatschaturjan. Ihr pädagogischer Ansatz war innovativ und ganzheitlich. Sie legte großen Wert auf die Entwicklung des musikalischen Gehörs, da sie überzeugt war, dass dies die Grundlage für eine saubere Technik und ein tiefes musikalisches Verständnis bildete.

Ein bleibendes Vermächtnis: Gnessinas Beitrag zur Musikpädagogik

Als Komponistin konzentrierte sich Gnessina hauptsächlich auf Klavieretüden und Werke für Kinder. Ihre Kompositionen werden bis heute im Klavierunterricht verwendet und sind bekannt für ihre pädagogische Qualität und musikalische Anmut.

Gnessinas Beitrag zur Musikpädagogik wurde zu Lebzeiten hoch geschätzt. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Titel "Verdiente Künstlerin der RSFSR" (1935) und zwei Leninorden. Trotz gesundheitlicher Probleme im Alter blieb sie bis zu ihrem Tod am 4. Juni 1967 geistig aktiv und eng mit ihrer geliebten Institution verbunden.

Jelena Gnessina hinterließ ein bedeutendes Erbe als Musikpädagogin und Komponistin. Ihre Etüden und Kinderstücke werden bis heute im Klavierunterricht verwendet und inspirieren weiterhin junge Musiker auf der ganzen Welt.

Auf dieser Seite des Sophie Drinker Instituts für musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung gibt es zu Jelena Gnessina weiter unten ein schönes Bild von ihr, umringt von ihren Schüler*innen: 

Bei YouTube findest du noch ergänzend zu diesem Thema ein Video.